Nachhaltiger Schwerlastverkehr

Unter dem Begriff „Schwerlastverkehr“ wird der Straßentransport von Gütern und Personen mit schweren Nutzfahrzeugen zusammengefasst. Es gibt zwar derzeit in Deutschland und Europa keine einheitliche Definition darüber, ab wann ein Fahrzeug zu den schweren Nutzfahrzeugen zählt, in der Regel werden jedoch Lkw und Busse mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen zur Kategorie des Schwerlastverkehrs gezählt.

Der Schwerlastverkehr muss nachhaltig werden

Fahrzeuge dieser Kategorie sind von ganz wesentlicher Bedeutung für die Versorgung mit Gütern in Deutschland, Europa und der Welt. Sie sind allerdings auch für 28% des CO2-Ausstoßes im deutschen Verkehrssektor verantwortlich, obwohl sie nur etwa 2,5 % der Fahrzeuge ausmachen. Zusammen mit den leichten Nutzfahrzeugen beträgt der Anteil an den Emissionen sogar fast 40 %. Demnach kann viel für das Klima getan werden, wenn wir die Emissionen dieser vergleichsweise überschaubaren Anzahl von Fahrzeugen reduzieren. Der AFM+E e.V. bekennt sich zu den Zielen des Übereinkommens von Paris und zu den Zielen des deutschen Klimaschutzgesetzes. In diesen ist eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf 85 Millionen Tonnen bis 2030 verbindlich festgehalten. Dieses Ziel kann und wird ohne Einsparungen im Bereich des Schwerlastverkehrs nicht zu erreichen sein.

Um eine zügige Minderung der Treibhausgasemissionen im Schwerlastverkehr auf der Straße  zu erreichen, bedarf es wahrer Technologieoffenheit und somit der Nutzung aller klimaschonenden Antriebstechnologien. Im Bereich des Schwerlastverkehrs sollten hierbei sowohl batterieelektrisch betriebene Lkw, Wasserstoff-Lkw (egal ob mit Brennstoffzelle oder Wasserstoffverbrennungsmotor) als auch Lkw, die mit anderen alternativen Kraftstoffen betrieben werden eine Rolle spielen.

Rahmenbedingungen müssen klar und verlässlich sein

Was Hersteller und Nutzer all diese verschiedenen Antriebsoptionen benötigen, sind verlässliche Rahmenbedingungen für den technologieoffenen Markthochlauf. Nur so können die Akteure langfristig planen und schnellstmöglich die dafür nötigen Investitionen tätigen, damit eine schnelle und nachhaltige Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs gelingt.

Im Vergleich zum Pkw stecken im Bereich des Schwerlastverkehrs viele Entwicklungen noch in den Kinderschuhen. Heute sind auf deutschen Straßen ca. 800.000 Lkw im Einsatz. Hiervon fahren 173 mit alternativen Antrieben und erneuerbaren Kraftstoffen. Das sind gerde einmal 0,02 Prozent! Realistisch gesehen wird der Schwerlastverkehr also erst zum Ende der Dekade zum Gelingen der Energiewende beitragen können, doch wichtige Weichen werden bereits heute gestellt.

Um hierbei erfolgreich zu sein, bedarf es einer langfristigen Perspektive für klimafreundliche Antriebsoptionen und vor allem eines positiven Investitionsklimas. In der nächsten Zeit wird noch viel Geld in Forschung und Entwicklung fließen müssen, doch damit dies geschieht, müssen nun klare Regularien geschaffen werden. Hierbei sollten sowohl die EU als auch die Bundesregierung technologieoffen handeln. Wie unser Dachverband, der MEW sich hierzu positioniert lesen Sie hier.

Ein entscheidender Anreiz für die Investition in alternative Antriebe ist die Förderung dieser speziell für Lkw. Aktuell wird die Anschaffung von Lkw mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb in Höhe von 80 Prozent der Investitionsmehrkosten gegenüber konventionellen Antrieben gefördert. Dieses Fördermodell läuft bis zum Ende des Jahres 2024. Perspektivisch sollte diese Förderung jedoch ohnehin auslaufen oder zumindest stark begrenzt werden, da Lkw mit diesen beiden Antriebsoptionen sich auch alleine tragen müssen.

Außerdem sollte die Förderung nicht nur für Lkw selbst konzipiert werden, sondern auch alternative Kraftstoffe berücksichtigen. Diese werden in einem herkömmlichen Verbrennungsmotor eingesetzt und können damit also die heutige Bestandsflotte defossilisieren. Alternative Kraftstoffe, wie E-Fuels oder HVO, werden jedoch auch im zukünftigen Schwerlastverkehr ihren Platz finden. Wichtig ist hierbei, dass auch diese Kraftstoffe auf die THG-Quote angerechnet werden können.

Schneller Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebsoptionen

Die mittelständischen Tankstellen unseres Schwesterverbands, des bft unterstützen beim zügigen Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur und sind bereit, Optionen für das Betanken mit Wasserstoff und alternativen Kraftstoffen zu bieten. Dieser Aufbau ist eine der Voraussetzungen für den Markthochlauf von Fahrzeugen mit alternativen Antriebs- und Kraftstoffoptionen.

Die Europäische Union hat hierfür u.a. den beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur (AFIR) beschlossen. Entlang des Transeuropäischen Transportnetzes (TEN-T) müssen ab 2026 mindestens alle 60 Kilometer Ladesäulen mit einer Mindestleistung von 400 kW errichtet werden. Für Lkw und Busse gilt, dass es ab dem Jahr 2028 alle 120 Kilometer eine Ladesäule geben muss. Prinzipiell hält der MEW die Vorgaben für einen guten Ansatz. Allerdings ist die Umsetzung mit vielen Fragezeichen unter anderem bezüglich der Kapazität der Stromnetze behaftet.

Um eine Monopolstellung von Energiekonzernen zu verhindern ist es dringend notwendig, den Tankstellenmittelstand frühzeitig in dieses Ausbauvorhaben miteinzubinden. Außerdem sollten gezielte Förderprogramme beschlossen werden, die die Herausforderungen des Mittelstands berücksichtigen. So ist vor allem darauf zu achten, dass der nötige Netzausbau bis zur Ladesäule erfolgt.

Im Bereich der Wasserstoff-Infrastruktur ist ein schneller Anschluss der Tankstellen an das europäische Wasserstoff-Backbone notwendig. Dieser kann über eine direkte Leitungsanbindung oder über Abfüll- bzw. Verflüssigungsstationen erfolgen. Letztere Option würde auch die Lieferung von Wasserstoffderivaten ermöglichen und somit die Vielfalt an einsetzbaren Möglichkeiten erhöhen.

Anerkennung des realen CO2-Minderungsbeitrag bei allen Antriebs- und Kraftstoffoptionen

Auch im Bereich des Schwerlastverkehrs ist wahre Technologieoffenheit zwingende Voraussetzung um die ehrgeizig Klimaschutzziele zu erreichen. Deshalb sollte der Gesetzgeber sowohl auf europäischer, als auch auf deutscher Ebene den realen Beitrag zur Minderung von Treibhausgasemissionen bei allen Antriebs- und Kraftstoffoptionen gleichberechtigt anerkennen.

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor werden auch zukünftig im Schwerlastverkehr Anwendung finden. Vor allem mit Blick auf die Bestandsflotte sind diese jedoch schon heute von hoher Relevanz und können zum Klimaschutz beitragen, wenn sie mit nachhaltigen biogenen oder synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Diese Kraftstoffoptionen müssen jedoch attraktiv ausgestaltet werden.

So ist es beispielsweise richtig, dass die EU plant, die Lkw-Maut künftig in Abhängigkeit von den CO2-Emissionen und der Umweltfreundlichkeit zu staffeln. Es ist jedoch falsch, lediglich batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge bis 2025 komplett von der Maut zu befreien und danach nur mit einer reduzierten Maut von 25-50% zu belegen, denn alternative Kraftstoffe haben ein vergleichsweise ähnliches Potential für die Einsparung von Treibhausgasemissionen. Dieses wird jedoch bisher im Bereich der Maut überhaupt nicht anerkannt. Diese Ungleichbehandlung muss schnellstens aufgehoben werden, damit auch alternative Kraftstoffe ihren Beitrag zur Minderung der Emissionen leisten können. Hierfür sollte eine Well-to-Wheel-Betrachtung als Grundlage für die Einstufung in die verschiedenen Emissionsklassen dienen, welche wiederum der Mautberechnung zugrunde liegen.

Als Antrieb für den dringend benötigten Hochlauf alternativer Kraftstoffe, könnte die von der EU im Rahmen der dritten Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) beschlossene verpflichtende Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe und erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (Renewable Fuels of Non- Biological Origins, RFNBO) dienen. Ab dem Jahr 2030 müssen im Verkehrsbereich auf europäischer Ebene 5,5% der Kraftstoffe RFNBOs – vor allem grüner Wasserstoff und E-Fuels – sein. Hiervon wird neben dem Flug- und Seeverkehr auch der Schwerlastverkehr profitieren. Der MEW hofft, dass die deutsche Bundesregierung sich noch ambitioniertere und vor allem schnellere Ziele setzt, um den Markthochlauf für alternative Kraftstoffe zu forcieren.

Wichtig hierfür ist ebenfalls die Ausgestaltung der CO2-Flottengrenzwerte für den Schwerlastverkehr. In einem im Februar 2023 öffentlich gewordenen Entwurf der EU-Kommission zu diesem Thema werden alternative Kraftstoffe nicht berücksichtigt. Würde dieser Entwurf umgesetzt werden, würde dies das Aus für den Verbrennungsmotor im Schwerlastbereich bedeuten. Der AFM+E, genauso wie der MEW ist nur sehr begrenzt zufrieden mit diesem Vorschlag (zur MEW-Position) und hatte sich bereits vor Bekanntwerden des Vorschlags der Europäischen Kommission mit einem breiten Bündnis aus zahlreichen europäischen Verbänden, Unternehmen und Wissenschaftlern in einem offenen Brief dafür eingesetzt, alternative Kraftstoffe und hiermit den Weiterbetrieb von Lkw mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, denn für die Klimaschutzziele im Verkehr brauchen wir alle verfügbaren umweltfreundlichen Kraftstoff-Optionen.

 

Unser Dachverband, der MEW beteiligt sich aktiv an der Plattform Nachhaltiger Schwerlastverkehr der Deutschen Energieagentur (dena). Gemeinsam wurde hier ein 10-Punkte-Plan verfasst, der mit den vereinten Kräften der Branche zu einer nachhaltigen Transformation des Schwerlastbereichs beitragen soll.

Ansprechpartner
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Benjamin Ost
Manager Energiepolitik und Kommunikation
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